Im vierten und letzten Teil meines Patagonien Reiseberichts erzähle ich dir, was ich im Nationalpark Torres del Paine, erlebt habe. Kleiner Spoiler: es wurde ganz anders, als ich es mir eigentlich vorgestellt hatte.
Inhaltsverzeichnis
- Viele Stempel und sechs Schalter
- Puerto Natales – Tor zum Nationalpark
- Torres del Paine – Türme unter dem nicht immer blauem Himmel
- Oh We: Weinende Wölkchen und Planänderung
- Salto Grande und gehörnte Berge
- Schüchterne Plüschtiere und tanzende Skelette am Lago Nordenskjöld
- Verschwundene Türme: Torres del Paine
- Ein versöhnlicher Abschied vom Ende der Welt
Im letzten Teil meines Patagonien Reiseberichts waren wir unterwegs im argentinischen Nationalpark Los Glaciares. Den krönenden Abschluss meiner langen Tour hatte ich in den chilenischen Teil Patagoniens, genauer in den Nationalpark Torres del Paine gelegt. Hierauf freute ich mich besonders, denn vor vielen Jahren war ich schon einmal hier, kam aber auf Grund landesweiter Unruhen einfach nicht in die Nationalpark. In der Hoffnung, das dieses mal nicht wieder irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, mache ich mich auf den Weg nach Chile.
Viele Stempel und sechs Schalter
Ordnung muss sein, am Grenzübergang zwischen Argentinien und Chile. An einem Schalter gibt es den Ausreisestempel für mich selbst, am zweiten den fürs Fahrzeug, am dritten muss eine Zollerklärung abgegeben werden. Etwas umständlich, aber doch überraschend unkompliziert. Vor allem nach all dem, was ich vorher an Geschichten gehört habe.
Dann geht es für einige Kilometer durchs Niemandsland, bis auf chilenischer Seite dasselbe Procedere nochmals abläuft. Bevor ich das zweite Grenzhäuschen betrete, krame ich nervös in meinem Rucksack herum. Habe ich wirklich keinen Apfel, keinen Müsliriegel oder sonstige Snacks vergessen? Bei der Einreise nach Chile ist nämlich unbedingt darauf zu achten, dass frische Lebensmittel und alles was irgendwie organisch sein könnte, nicht eingeführt werden darf. Selbst der kleinste Verstoß kann drastische Folgen und die Verweigerung der Einreise nach sich ziehen. Heute interessiert das aber niemanden und ich bin nach kurzer Zeit wieder draußen. Wenige Minuten später verrät mir ein buntes Schild, dass ich in der chilenischen Region Magallanes y de la Antártica Chilena angekommen bin.
Puerto Natales – Tor zum Nationalpark
Statt auf direktem Weg in den Nationalpark zu fahren, entscheide mich für eine Nacht in Puerto Natales. Das charmante Hafenstädtchen gilt als Tor zum Torres del Paine Park und ist ideal, um Reiseproviant und den Tank aufzufüllen. Schließlich gibt es im Nationalpark keine Tankstelle und kaum Einkaufsmöglichkeiten, welche zudem extrem überteuert sind. Außerdem kann man sich hier auch schon eine Eintrittskarte für den Park besorgen und vermeidet später Wartezeiten am Eingang. Und eine letzte Dusche vor einer Mehrtagestour ist auch nicht von der Hand zu weisen. Entsprechend guter Dinge fahre ich am nächsten Morgen in Richtung Torres del Paine Nationalpark, den ich nach fast 3 Stunden erreiche. Es geht über eine gut ausgebaute Landstraße und die letzten Kilometer über eine Schotterpiste. Schließlich komme ich an Cerro Castillo vorbei und erkenne die Kulisse sofort wieder. Nomen est omen, Castillo bedeutet Burg, thront hoch oben eine düstere Bergformation, die an eine Fantasy-Burg erinnert. Genau hier war bei meiner ersten Tour nach Patagonien vor einigen Jahren damals auf Grund eines landesweiten Generalstreiks Schluss und ich kam nicht mehr in der Nationalpark. Heute klappt das zum Glück problemlos.
Cerro Castillo, ein Uralt-Bild meiner ersten Patagonien-Tour, die fast zehn Jahre zurück lag, damals war genau hier Schluss
Torres del Paine – Türme unter dem nicht immer blauem Himmel
Torres del Paine ist wahrscheinlich der bekannteste der immerhin gut 40 Nationalparks in Chile. Er befindet sich im südlichen Patagonien rund um die Berggruppe Cordillera del Paine. Im Norden grenzt er an den argentinischen Los Glaciares Nationalpark.
Große Teile des Gebiets sind vergletschert, Fjorde, Seen, Sümpfe, Tundra und natürlich die schroffen Berge prägen das karge Land. Der höchste Gipfel im Nationalpark ist der Cerro Paine Grande mit 3.050 m. Am bekanntesten ist aber das namensgebende Torres del Paine-Massiv mit seinen drei einzigartigen Granittürmen.
Der Name entstammt wieder einmal der Sprache der Tehuelche-Indianer, bei denen „paine“ „himmelblau“ und torres „Türme“ bedeutet. Torres del Paine könnte also in etwa „Türme unter dem blauem Himmel“ bedeutet haben. Mit strahlend blauem Himmel sollte man hier aber nicht allzu häufig rechnen, heißt es in meinem Lonely Planet. Und er sollte recht behalten. Als ich in den Nationalpark einfahre, regnet es in Strömen.
Mystische Berge, düstere Stimmung im Torres del Paine
Oh We: Weinende Wölkchen und Planänderung
Nachdem ich brav meine Eintrittskarte vorgezeigt und mich angemeldet habe, fragt mich der Ranger „Adonde va?“ – wohin es gehen soll. Als ich ihm meine Pläne in wackligem Spanisch erläutere, ändert sich die verwegene Mimik des Wildhüters in ein mitleidiges Lächeln. Er geht mit mir nach draußen und deutet auf ein Schiefertäfelchen. Mit Kreide sind dort die Wochentage und daneben weinende Wölkchen aufgemalt. Und zwar neben jedem Tag. „El clima – no es bueno.“ lässt die sonore Stimme verlautbaren. Auch mit meinen rudimentärem Sprachkenntnissen, verstehe ich sofort: gruselige Wetterprognose für die nächsten Woche
Oh-Weh, denke ich bei mir. Und genau das hört man hier im Park ziemlich oft. Das liegt aber nicht nur an wenig erbaulichen Wetterprognosen. Sondern vor allem daran, dass O und W die zwei klassischen Trekking-Routen durch den Park sind, die einfach nach ihrer Form bezeichnet sind.
Auf dem O-Trek, auch Circuit genannt, umrundet man die Kernzone des Parks einmal. Diese Tour ist in 6 – 7 Tagen zu schaffen. Der W-Trek ist die kürzere Rund-Route und führt in 4 bis 5 Tagen an den Highlights des Parks vorbei. Das ist mein Plan. Oder besser: das ist mein Plan gewesen.
O-Trek (grün) und W-Trek (rot); Quelle: (c) CONAF/Parque Nacional Torres del Paine
Der Ranger rät mir dringend davon ab, die Tour zu laufen, da Gewitter und starke Stürme die Wetterprognose der nächsten Tage abrunden. Und was Sturm in Patagonien bedeutet, habe ich ja nun schon erfahren.
So einige Wochen und starke Nerven hatte ich gebraucht, mir die Campingplätze zu organisieren. Diese werden nämlich von drei verschiedenen, schlecht erreichbaren und ziemlich unzuverlässig antwortenden Anbietern verwaltet. Außerdem sind sie fast immer ausgebucht. Wildes Campen ist im Park aber strikt verboten und wird auch kontrolliert. Es war eine gewisse Herausforderung, ein Zeitfenster im Patagonischen Herbst zu finden, wo alles zusammenpasst. Und nun war alles für die Katz?
Immerhin, so teilt es mir der Ranger mit, gibt es auch noch eine andere Möglichkeit, den Nationalpark zu entdecken. Anders als im benachbarten Nationalpark Los Glaciares kann man hier nämlich auch mit dem Auto verschiedene Miradores (Aussichtspunkte) und Ausgangspunkte für Wanderungen anfahren. Das war mir neu und wäre eine echte Option, wenn auch nicht das, was ich eigentlich hier vorhatte.
Außerdem gibt es noch einen Unterschied zum argentinischen Nachbar-Nationalpark. Im Torres del Paine gibt es nämlich auch Unterkünfte, anderes als im Los Glaciares, wo es keinerlei Infrastruktur gibt. Allerdings: es gibt nur eine Handvoll Unterkünfte direkt im Park und diese sind ebenso wie die Camps fast immer ausgebucht. Und das, obwohl sie unverschämt teuer sind. Das bekannte Explora Patagonia zum Beispiel, ein 5-Sterne-Hotel am Gletschersee Pehoé, ruft am Tag weit über 1.000 Euro für eine Übernachtung pro Person ab. Und man muss mindestens drei Nächte bleiben. Davon abgesehen, dass ich wenig davon halte, eine der schönsten Aussichten des Parks mit diesem Hotelklotz zuzubauen, dürfte es für die meisten Normaltouristen viel zu teuer sein.
Eine andere Alternative wäre, in Puerto Natales zu nächtigen, wo ich gerade herkomme. Aber jeden Abend und Morgen die lange Anreise? Völlig verrückt.
Und dann gibt es da noch das Rio Serrano Hotel. Hier kostet das Einzelzimmer „nur“ 230 Euro die Nacht, für hiesige Verhältnisse fast ein Budget-Preis. Hier hatte ich für den Abschluss ohnehin eine Nacht gebucht. Ich habe zwar wenig Hoffnung, aber rufe an und frage, ob ich ein paar Tage verlängern kann. Zum meinem Erstaunen kann ich.
Kein so rechtes Camping-Wetter in Patagonien
Salto Grande und gehörnte Berge
Es regnet immer weiter, ich habe aber dennoch wenig Lust, die Zeit in Patagonien in meinem wenn auch sehr gemütlichen Hotelzimmer zu verplempern. Ich ziehe mir die Regenklamotten über, schnappe mir meinen Fotorucksack und mache ich mich auf den Weg zum Salto Grande. Hier ist es dank sprühender Gischt sowieso immer nass. Die Wasser des Lago Nordenskjöld rauschen in einem tosenden Wasserfall gut dreißig Meter in die Tiefe und strömen weiter in den malerischen Lago Pehoe.
Hinter den wütenden Fluten erheben sich wuchtig die Cuernos del Paine in den düsteren Himmel. Neben den Torres das zweite Wahrzeichen des Parks. Ich starre gebannt auf die steinernen Hörnergipfel. Der mit 2.600 Metern höchste und zerklüftetste von ihnen ist der Cuerno Principal, der so aussieht, als hätte er ein Mokkahäubchen auf seinem Gipfel. Der Anblick ist überwältigend und erinnert bei diesem Wetter geradewegs an eine Filmkulisse a la Game of Thrones.
Die Wetterprognose für morgen verheißt keine Besserung. Aber vielleicht gibt es ja doch eine kleine Chance auf Licht zu Sonnenaufgang, wie ich das schon oft in den Bergen erlebt habe.
Mystische Stimmung am „Großen Wasserfall“ Salto Grande
Schüchterne Plüschtiere und tanzende Skelette am Lago Nordenskjöld
Als ich noch vor 5 Uhr aus dem Fenster schaue, ist es bewölkt, Sterne und Mond sind aber am Firmament zu sehen und es regnet nicht mehr. Einen Versuch ist es also wert. Nach 40 Minuten Autofahrt komme ich an am kleinen Hafen Pudeto an. Von dort sind es dann noch mal 20 Minuten Fußmarsch bis zu meinem Aussichtspunkt am Lago Nordenskjöld. Der so gar nicht hierher passende Name ist auf den schwedischen Geologen Otto Nordenskiöld zurückzuführen, der den See Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte.
Ich laufe über einen schmalen Pfad durch dichtes Steppengras. Links und rechts weisen mir eigenartig gewundene, bleiche Baumskelette den Weg. Wie schaurige Fabelwesen tanzen sie im fahlen Mondlicht. Sie sind die stummen Zeugen eines verherrenden Brands, der im Jahr 2012 im Nationalpark wütete. Rücksichtslose Touristen hatten damals trotz der Trockenheit und strikten Verboten offenes Feuer gemacht. Die Flammen konnten erst nach Wochen gelöscht werden und vernichteten unwiderbringlich fast 13.000 Hektar Wald und Steppe. Der Park musste mehrere Monate geschlossen werden. Es wird viele Jahrzehnte dauern, bis sich das fragile Ökosystem von diesem Schock wieder erholt haben wird.
Schüchterne Vikunjas
Das Schwarz der Nacht weicht langsam der blauen Stunde. Vor mir öffnet sich eine halbmondförmige Bucht und schnell wir mir klar: das ist einer der wundervollsten Orte, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Unten schimmert türkis der See. Gegenüber befindet sich das weite Tal des Valle del Francés.
Und da sind sie wieder, die Cuernos del Paine. Sie scheinen direkt aus den Wellen in den Morgenhimmel zu wachsen, der zu meiner großen Freude zunehmend farbig wird. Mit einer App habe ich am Vorabend ermittelt, dass das Licht der aufgehenden Sonne die Felstürme genau treffen und zum Leuchten bringen müsste. Aber nur, wenn es an der Horizontlinie keine Wolken gibt, die das Licht blockieren.
Einige Meter weiter nehmen putzige Vicunjas ihr Frühstück ein. Sie sind herzlich wenig beeindruckt vom Naturspektakel und lassen sich genüsslich das Gras schmecken. Ich versuche eine Perspektive zu finden, bei der die flauschigen Gefährten mit im Bild sind. Leider tun sie mir den Gefallen nicht und springen bei jeder kleinsten Bewegung meinerseits immer wieder ein paar Meter von mir weg. Sie sind eben sehr schüchtern. Macht aber nichts, denn tolle Bildkompositionen gibt es hier auch ohne Plüschtiere. Schließlich suche ich mir zwei der Baumskelette als Rahmen für die Cuernos und richte meine Kamera aus.
Und plötzlich geht es los. Der Tagesanbruch läutet ein wahres Feuerwerk von Lichtstimmungen ein. Mein Auslöser kommt nicht mehr zur Ruhe, der Kamerasensor glüht. Und mit ihm die Felstürme. Ich mache innerliche Freudensprünge, denn tatsächlich fangen die wuchtigen Wände an zu leuchten.
Die Cuernos leuchten bei Sonnenaufgang
Nach Sonnenaufgang wandere ich am See entlang und entdecke immer wieder neue spektakuläre Ausblicke. Die Sonne malt immer zwischen den dichten Wolken immer wieder spannende Lichtreflexe in die unwirkliche Kulisse. Zunehmend bäumen sich Wellen auf dem See auf, die Berge versinken in einem Wolkenmeer. Bald beginnt es zu regnen, wieder einmal. Umso mehr bin ich froh, dass ich mich heute morgen aufgerafft habe. Vielleicht war das ja die letzte Chance, die patagonische Bergwelt in schönem Licht zu bewundern oder sie überhaupt zu Gesicht zu bekommen. Alles richtig gemacht.
Lago Nordenskjöld in Bewegung
Verschwundene Türme: Torres del Paine
Die nächsten Tage bleibt es trostlos, es gießt unablässig. Ich bin ziemlich frustriert. Schon wieder Pech mit diesem Nationalpark, wie schon vor Jahren, als ich kurz davor, nicht einmal reingekommen bin. Nun bin ich zwar drin, aber kann eigentlich nicht raus.
Eingehüllt in Regenklamotten versuche ich doch immer wieder mein Glück, denn eigentlich habe ich ja noch so einige Highlights auf dem Zettel. Der Pehoe- und der Grey-Gletscher, das Valle Francais und vor allem die Torres del Paine. Sie dürfen auf keiner Patagonien-Tour fehlen. Schließlich sie sind Namensgeber und Wahrzeichen des Parks. Außerdem ein herrliches Fotomotiv, dass auch einem Fantasy-Film entstammen könnte: vor einer smaragdfarbene Lagune erheben sich drei schmale, marmorierte Granittürme (Torre Sur, Central und Norte) senkrecht bis zu 2.850 m in den Himmel.
Ursprünglich wollte ich zur Base de las Torres zum Sonnenaufgang vom Campamento Torres wandern. Von dort wäre es nur eine Stunde hinauf gewesen. Das Camp lag deshalb auf meiner W-Route. Da die Tour bekanntlich dem Wetter zum Opfer fiel, hatte ich es nun sehr viel weiter. Näher als bis an das Hotel Las Torres kann man mit dem Auto nicht herankommen. Von dort sind es dann fast noch ambitionierte 20 Kilometer Fußmarsch hin und zurück, bei denen zudem 1.400 Höhenmeter zurückgelegt werden wollen. Mit dem Mut der Verzweiflung mache ich mich im Morgengrauen trotzdem auf den Trail. Vielleicht habe ich etwas Glück, so wie gestern morgen? Habe ich heute aber nicht. Es regnet und regnet und ich hadere immer wieder mit mir, ob ich nicht besser umkehren sollte.
Doch mein innerer Schweinehund treibt mich immer weiter an. Nach gut vier Stunden strammen Marsches bin ich außen und innen völlig durchnässt. Vor allem die letzten Meter zum Gletschersee hoch, mitten durch ein Geröllfeld, waren steil und schweißtreibend. Und nun stehe ich hier, an der türkis schimmernden Lagune, die durch dicke Regentropfen aufgewühlt ist. Von den Torres hingegen ist überhaupt nichts zu sehen. Eigentlich sind sie unübersehbar und müssten hier in den Himmel wachsen. Heute sind die riesigen Felsnadeln allenfalls im Nebel zu erahnen. Also entscheide ich mich auszuharren. Irgendwann werden die Wolken ja wohl einen Blick auf die Granitriesen freigeben. Ich friere fürchterlich und scharfer Wind pfeift mir ins Gesicht. Ich warte trotzdem stoisch eine halbe Stunde und dann noch eine und dann noch eine. Aber der Wolkenvorhang bleibt heute geschlossen und ich muss den langen Trail wieder zurück. Schweren Herzens mache ich mich wieder auf den Rückweg und ärgere mic, dass ich heute nicht einfach im Spa-Bereich des Hotels entspannt habe. Aber deshalb bin ich schließlich nicht hergekommen.
Auch die anderen Fotowunschspots fallen in den nächsten beiden Tagen einer nach dem anderen sprichwörtlich ins Wasser. Die Kamera langweilt sich derweil im Fotorucksack.
Nach einigen Regentagen endlich wieder Gipfelglühen
Ein versöhnlicher Abschied vom Ende der Welt
Der letzte Tag meiner Tour bricht an. Im Morgengrauen will ich mein Glück ein letztes Mal versuchen. Als ich vor die Tür trete, traue ich meinen Augen kaum. Regen und Wolken sind verschwunden, am Himmel glitzern die Sterne. Na toll, ausgerechnet heute am Tag der Abreise. Aber jetzt ist nicht die Zeit für Melancholie. Schnell fahre ich zum Lago Pehoe und haste einen der steilen Hügel hinauf. Als ich oben ankomme, verschlägt es mir den Atem, den ich nach der Frühsportübung ohnehin kaum noch habe. Vor mir breitet sich in milchigen Blautönen der riesige Gletschersee aus, der mich fast an ein Meer erinnert. In ihm schwimmen viele kleine Inselchen und dahinter baut sich die patagonische Bergwelt auf.
Die Wolken über dem Paine-Massiv beginnen schon zu leuchten, schleichen geheimnisvoll glimmend durch Berggipfel, scheinen auch diese zu entzünden. Die nächsten 30 Minuten steht der Auslöser meiner Kamera nicht mehr still.
Als ich wieder unten ankomme, strahlt der Himmel im schönsten Baby-Blau, der Wetterumschwung ist unverkennbar. Am liebsten würde ich jetzt am See entlang wandern oder all die Orte aufsuchen, die mir das Wetter die letzten Tage verwehrt hat. Doch ich muss heute den Park verlassen. Schließlich geht schon am Abend mein Flug zurück von El Calafate. Und da muss ich erst einmal ankommen. Trotzdem bin ich dankbar, dass der patagonische Wettergott mich so versöhnlich verabschiedet. Vom Fin del Mundo, dem Ende der Welt, dass ich niemals wieder vergessen werde.
Bei so einem Sonnenaufgang fällt der Abschied besonders schwer
Möchtest du meinen Reisebericht von Anfang bis Ende lesen? Dann findest du hier den ersten Teil meines Patagonien Reiseberichts.