September 2012. Gedankenverloren schaue ich aus dem beschlagenen Flugzeugfenster der Wowair-Maschine. Keflavik rollt im Regen an uns vorbei. Noch bevor die Räder die Bodenhaftung verlieren, verspüre ich ein vibrierendes Gefühl in der Magengegend. Nein, keine Flugangst. Das müssen Frühlingsgefühle sein. Und das mitten im Herbst. Ein Reiseflirt der besonderen Art. Diese wilde Insel, die unwirklichen Landschaften, die dramatischen Lichtspiele. Sirenen der Natur, sie haben mich betört.
Was schon Jules Verne der Mittelpunkt seiner Erde war, wurde binnen weniger Tage das vorläufige Zentrum meiner fotografischen Leidenschaft. Wir hatten den isländischen Luftraum noch nicht verlassen, da hatte ich bereits den Entschluss gefasst: Island, bald werde ich wiederkommen.
Bald war früher als ich dachte. März 2013. Meine Faszination für die eigenwillige Insel auf 66° Nord war ungebrochen. Der Flug gebucht. Die Route geplant. Polarlichtvorhersage exzellent. Wetterprognose unberechenbar. Das neue Sigur Rós Album in den Ohren. Kurzum, es konnte losghehen.
Die Bilder in der neuen Galerie zeigen das winterliche Island. Auch in dieser Jahreszeit wusste die Insel einmal mehr zu überraschen. Am Ankunftstag begrüßte uns die Insel mit T-Shirt-Wetter. An manchen Tagen hatte sich der Winter einfach still und leise ins grönländische Exil zurückgezogen. Um schon am nächsten Tag pfeifend und ächzend mit polarer Eiseskälte zurückzukehren. Sonnenschein und blauer Himmel gaben sich ein Stelldichein mit tösenden Blizzards und wilden Schneeorkanen. Polarlichter tanzten am nachtklaren Himmel, der sich schon am nächsten Morgen in ein undurchsichtiges Grau gekleidet hatte. Sicher war auch dieses Mal nur eines: es würde bestimmt alles andere als langweilig werden.