Bilder aus Nordspanien zeige ich in meiner neuen Bildergalerie. Mit dem südeuropäischen Land verbinden die meisten Menschen Sommer, Sonne und Strand, hippe Metropolen wie Barcelona oder Partyspaß auf den balearischen Inseln. Doch es gibt auch das andere, das unbekannte Spanien.
Man muss nur in den Norden fahren. Bereits das Wetter will hier so gar nicht dem Klischee entsprechen und zeigt sich oft herb und regnerisch. Abseits der Hauptstraßen findet man schnell Einsamkeit und wilde Naturräume.Die Palette reicht von schroffen Bergkulissen über dramatische Canyons bis zu bizarren Wüstenlandschaften.
Wir starteten unsere Tour im Baskenland, passierten hohe Steilküsten und türkise Buchten, stets die zerklüftete Kordillere des Kantabrischen Gebirges im Seitenspiegel. Schilder mit Jacobsmuscheln und gelbe Pfeile wiesen den Weg nach Santiago de Compostela. Wir befanden uns auf dem Camino de Santiago, dem berühmten Jakobsweg. Da wir aber nicht zum Pilgern, sondern zum Fotografieren hergekommen waren, setzten wir unsere Reise in die entgegengesetzte Richtung nach Aragonien fort.
Gut drei Autostunden von Bilbao erreichten wir die ersten Ausläufer der Pyrenäen. Spätestens seit der Lektüre von Paulo Coehlos „Fräulein Prym“, hegte ich den Wunsch, hier einmal herzukommen. Und das lohnt nicht nur aus fotografischer Sicht. Das Kalksteingebirge an der Grenze zu Frankreich zählt schließlich über 100 Dreitausender. Diese ragen nicht selten farbenfroh und in märchenhaften Formen in den Himmel. Wie steinerne Burgen thronen die Formationen über saftig grünen Hochalmen. Das Hochgebirge steht unter dem Einfluss des feuchten Atlantikklimas, dass eine äußerst üppige Vegetation entstehen ließ. Dichte, oft nebelgeschwängerte Urwälder aus Buchen und Tannen bestimmen das Landschaftsbild. Farbige Flüsse wie der blutrote Río Aragón Subordán mäandern durch die Berge und haben mancherorts tiefe Canyons in den weichen Stein gewaschen. Angesichts der majestätischen Kulissen überrascht es schon sehr, dass hier im Gegensatz zu anderen europäischen Bergdestinationen wie den Alpen Massentourismus ein absolutes Fremdwort ist.
Das gilt auch für die Provinz Navarra, die unser nächstes Ziel und Kontrastprogramm werden sollte. Besonders die Bardenas Reales weckte meine fotografische Abenteuerlust. Lockt doch das Biosphärenreservat mit einer Halbwüstenlandschaft, die man eher im Südwesten der USA denn in Europa vermuten würde. Hier hat die Erosion verspielte Formen aus Lehm, Kalk und Sand hervor gebracht. Soweit das Auge reicht hat die Natur seltsam geformte Berge und bizarre Skulpturen in unzähligen Braun, Rot- und Orangenuancen geschaffen. Alles sieht so fragil aus, dass man Angst hat, die Kunstwerke der Natur könnten im nächsten Moment in sich zusammenstürzen.
Nach unserem Tête-à-Tête mit der surrealen Wüstenlandschaft führte uns der letzte Teil unserer Route nach Asturien. Nur 20 Kilomter von der Küste erheben sich Picos de Europa, ein helles Faltengebirge mit einer ausgeprägten Karstlandschaft aus der Zeit des Karbon. Die Picos – was im Spanisch für Gipfel steht – machen ihrem Name alle Ehre. Auf kleinster Fläche vereinen sie mehr als 200 Bergspitzen über 2.000 Meter Höhe. Mit ihren Zacken, Zinnen und Türmen erinnern die Berge ein wenig an die italienischen Dolomiten.
Der Nationalpark ist bei den Spaniern im Sommer beliebt zum Bergsteigen, Klettern und Wandern. Im Herbst wird es dann aber ziemlich menschenleer und außerhalb Spaniens ist das markante Gebirge ohnehin fast unbekannt. Vielleicht auch deshalb gehört das Gebiet zu den wenigen Rückzugsgebieten des Europäischen Braunbären. Auch gibt es Wolfs- und Geier-Populationen. Steinböcke scheinen sich hier ebenfalls wohl zu fühlen, denn die haben wir hier auf unseren Wanderungen häufiger getroffen als Menschen.
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Schön hier auch mal viele Bilder von Spanien zu sehen! Seine unglaublich vielfältigen Landschaften sind ja hier fast unbekannt. Ich entdeckte sie auch nur zufällig auf Youtube als ich mir in Erinnerung an den gerade vergangenen Urlaub Videos von Lanzarote anschaute. Zwischen ihnen tauchte da eine mir bisher völlig unbekannte Welt auf, die ich zuerst spontan für Landschaften aus dem Westen der USA hielt – auch wegen der spanischen Namen. Und immerhin gab es da grandiose Canyons, endlos weite Ebenen, abentauerliche Wüsten und sogar richtig grüne Wälder, wie den Irati in Navarra. Aber dieses „Amerika“ war gar nicht so weit weg. Fasziniert und voller Staunen betrachtete ich sie, nachdem ich meinen Irrtum bemerkt hatte. D a s war also Spanien? Das nächste Mal also vielleicht Katalonien, Aragon und Navarra statt Kalifornien, Arizona und Nevada? Genau das machte ich ein Jahr später mit einem alten Freund im Wohnbus, Wir besuchten die Landschaften, die ich auf Youtube entdeckt hatte. Es war toll! Die Wirklichkeit übertraf noch die Videos und natürlich gab es noch manche überraschende Entdeckung auf dem Weg dazu. In den folgenden Jahren kamen in zwei Reisen Kantabrien, Asturien und Galicien dazu. Auch das wunderschön, sehr eindrucksvoll und ohne Massentourismus. 1200 km vom Cap de Creus an der Costa Brava bis Cap de Finisterre in Galicien: Spaniens Norden einmal von Ost nach West zu durchqueren beinhaltete ein landschaftliches Kontrastprogramm, wie man es sich vielfältiger schwer vorstellen kann – und dazu noch viele kulturelle Sehenswürdigkeiten. Spanien ist gut für Überraschungen. Manchem besonders umwerfenden Ausblick begegneten wir rein zufällig, von einem versteckten kleinen Parkplatz aus, an dem wir fast vorbeigefahren wären, beim Pinkelstop vom Straßenrand … die ganze Pracht so nebenher nur für uns allein, bei uns wäre da ein Panorama-Café gewesen. Besonders schöne Beispiel: der Blick oben vom kleinen kostenlosen Stellplatz über der Staumauer des Panta Sau bei Vic, Katalonien, in die lange Schlucht mit den orange leuchtenden Buntsandsteinwänden. Steht in keinem Reiseführer den ich kenne, aber man sitzt da wie ein König.
Camarasa, abenteuerliche Vorpyrenäenlandschaft im Grenzgebiet zwischen Katalonien und Aragón. Das Küstenpanorama vor der Kette der Picos zwischen Llanes und Ribadesella, Asturien. Blick in die Schlucht des Rio Sil vom alten „Castro“ über Santa Cristina (und dem Campingplatz) aus gesehen, Ribeira Sacra, Galicien. … Bei einer Reise nach Andalusien wanderte ich in der Sierra de Cazorla, Spaniens größtem und sehr waldigen Naturpark, der auch im Sommer grün bleibt und von bis zu 2000 m hohen Karstfelsen überragt wird. Eine wildromantische mediterrane Idylle mit vielen grün leuchtenden Gewässern und vielfältiger Fauna. Kennt hier kein Mensch und ich bin sowieso im Landesinnern fast nie einem Deutschen begegnet. Briten und Franzosen schon mehr. Für deutsche Normaltouristen ist und bliebt Spanien anscheinend Malle, Gran Canaria, Costa Brava, Costa del Sol sowie bisschen Alhambra, Barcelona und der Jacobsweg. Der Rest des Festlands interessiert sie nicht. Wenn sie Spanien erlebenswerte Natur zutrauen, dann auf den Inseln, etwa La Gomera. Auf dem Festland vermuten sie sonnenverbrannte Einöden und ein paar karge Felsen und von den Ländern Nordspaniens wie Navarra oder Asturien haben die meisten noch nie gehört. Selbst der Balkan ist bekannter. Ich kenne eine, die sogar ein Ferienhäuschen an der spanischen Mittelmeerküste hat, aber zum Naturerlebnis in andere Länder reist, nach Irland oder auf der Balkan. Auf meine Bemerkung, dass es auch in Spanien tolle Natur gäbe, schaute sie skeptisch.
Man könnte ja glatt vergessen, dass es da außer den Inseln und hinter den Mittelmeerstränden auch ein Festland gibt und zwar ein für europäische Verhältnisse recht großes und enorm facettenreiches. Es ist meine „Lieblingsinsel“, ich habe nie bereut, es entdeckt zu haben und dieser Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Einerseits wünsche ich mir keineswegs, dass es von Touristen ebenso überrannt wird wie die Mittelmeerküste, man könnte sich ja zu den Landschaftshighlights theoretisch ähnliche Rundreisen vorstellen, wie z.B. durch den Westen der USA, nur billiger und näher: Ordesa-Canyon in den Pyrenäen, die Wüsten Bardenas Reales oder Tabernas, rote Felstürme Mallos Riglos (ein bisschen wie Australiens Ayers Rock), Sandsteinwände vom Panta Sau, nördliche Atlantikküste und Picos de Europa, , Buchenwald Irati, in dem Hemingway fischen ging, bizarre Felstürme El Torcal … um nur einige zu nennen. Andererseits hat das Festland diese Ignoranz einfach nicht verdient und um als schützenswert zu gelten muss schöne Natur auch bekannt sein.
Liebe Hella,
haben Sie vielen Dank für den sehr ausführlichen, ausgesprochen interessanten und wundervollen Text. Ihre Schilderungen sind eine echte Bereicherung und man kann gar nicht anders, als direkt wieder nach Spanien zu wollen 🙂
Nochmals vielen Dank und herzliche Grüße,
David