Lange hat die Nikon-Gemeinde darauf gewartet, jetzt ist es endlich soweit: Wie Nikon gestern mitteilte, soll die neue Nikon D4 ab Ende Februar in den Handel kommen. Die Nachfolgerin der legendären D3 setzt eine ziemlich gut gepflegte Portokasse voraus. Für seinen neuen Boliden hat Nikon knapp 6.000- € im Einzelhandel angesetzt. Ohne Objektive versteht sich. Für den Preis eines Kleinwagens bekommt die zahlungskräftige Klientel dann aber auch ein High-End-Arbeitstier geboten.
Die neue FX-Profikamera setzt echte Maßstäbe in puncto Bildqualität, Geschwindigkeit und Präzision. Daneben lockt man die anspruchvolle Zielgruppe mit viele neuen Features. Vor allem gibt es aber ein absolutes Alleinstellungsmerkmal, um nicht zu sagen, den Knaller schlechthin: die Empfindlichkeit des Sensors. Unglaubliche ISO 204.800 (!) sind einstellbar. In Fotografenkreisen wird bereits gewitzelt, dass man dann zukünftig die Verschlusskappe zum Fotografieren nicht mehr abzunehmen bräuchte. Aber Spass beseite, hier kommen die harten Spezifikationen im Überblick:
- CMOS-Sensor im FX-Format (Vollformat) mit beachtlichen 36,0 x 23,9 mm und mit 16,2 Megapixel, schneller Kanal-Datenauslese und Serienaufnahmen mit bis zu 11 Bilder/s im FX-Format.
- Die Bildverarbeitungs-Engine EXPEED 3 mit 14-Bit-A/D-Wandlung und einer Bildverarbeitung mit 16 Bit dürftel für besonders tonwertreiche Bilder sorgen
- ISO 100 bis 12.800, erweiterbar bis zu 204.800 bzw. reduzierbar bis auf 50 ISO
- Hohes Signal-Rausch-Verhältnis und großer Dynamikumfang
- D-Movie mit verschiedenen Bildformaten, Full-HD-Filmsequenzen (1080p) im FX- oder DX-Format sowie im nativen Full-HD-Format (1920 x 1080) sowie unkomprimierte HDMI-Ausgabe in voller Auflösung
- Neu entwickelter, robuster Verschlussmechanismus aus Kevlar/Kohlefaser, auf 400.000 Auslösungen ausgelegt, mit einem Verschlusszeitenbereich von 1/8.000 s bis 30 s und einer kürzesten Blitzsynchronzeit von bis zu 1/250 s.
- AF-Modul Multi-CAM3500FX mit 51 Messfeldern: einzeln auswählbar oder für eine unterschiedliche Erfassung des Bildfelds mit 9, 21 und 51 Messfeldern konfigurierbar.
- Messbereich mit Untergrenze bis zu -2 LW (bei ISO 100, 20°C).
- 8 cm (3,2 Zoll) großer LCD-Monitor mit 922.000 Bildpunkten und automatischer Helligkeitssteuerung, Antireflex-beschichtung und umfangreicher Farbwiedergabe.
- 3D-Color-Matrixmessung III 91.000-Pixel-AE/AF-Sensor mit Gesichtserkennung.
- Sucher mit einer Bildfeldabdeckung von 100% sowie drei Bildformaten: 5:4-, 1,2-fach- und DX-Format
- Filmbildraten von 30p, 25p und 24p und eine maximale Aufnahmedauer von ca. 20 Minuten.
- zwei Speicherkartenfächer (High-Speed-CF-Karten UDMA 7 sowie und für High-Speed-XQD-Karten)
- Wireless-LAN und Ethernet-Unterstützung (setzt optionalen Wireless-LAN-Adapter WT-4 oder WT-5 voraus)
Nikon ist hier zweifelsohne ein respektabler Wurf gelungen. Den Wettbewerbern dürfte bereits die ein oder andere Schweißperle auf der Stirn stehen. Die Kamera könnte durchaus der neue Benchmark bei Vollformat werden. Besonders die massive ISO-Leistung ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal.
Was allerdings etwas überrascht ist die Tatsache, dass Nikon nicht nur dem allgemeinen Megapixel-Hype nicht gefolgt ist, sondern die Auflösung gegenüber der älteren D3x (24,5 MP) wieder reduziert hat. Das Nikon sich bei seinem neuen Flagschiff mit etwas über 16 Megapixeln begnügt wird im avisierten Profi-Lager möglicherweise nicht nur für Freude sorgen. Vor allem wenn man über den Tellerand zum Erzrivalen Canon schaut.
Der Preis ist natürlich eine echte Hausnummer und grenzt dass Publikum ganz klar auf professionelle Anwender oder äußerst anspruchsvolle Amateure ein. Dies zeigt sich auch daran, dass nur ausgewählte Händler den Boliden überhaupt vertreiben dürfen. Besonders Fotografen, denen Geschwindigkeit und ausgezeichnete Available-Light-Fähigkeiten wichtig sind, finden hier das starke Arbeitspferd schlechthin. Die Einsatzfelder sehe ich insofern vor allem bei Sport, Action, Event und Reportage.
Gerade für diese Zwecke dürfte aber von Nachteil sein, dass die D4 bei Abmessung und Gewicht ein gehöriger Brocken ist. Der Body allein (mit Speicherkarte und Akku) bringt immerhin fast 1,4 kg auf die Waage. Wenn man jetzt noch Handgriff mit Zweitakku und eine anständige FX-Optik im Telebereich dazurechnet, die ja gerade für bei der Zielgruppe oft zum Einsatz kommen dürfte, ist die 3 kg-Schallmauer schnell durchbrochen.
Selbst wenn ich soviel Geld investieren wollte, wäre das für mich definitiv ein K.O.-Kriterium angesichts meines fotografischen Metiers. Als Landscaper und Travelfotograf bin ich schließlich oft in unwegsamen oder bergigen Gelände unterwegs und muss auf möglichst kompaktes Gepäck achten. Extreme High-ISO-Qualitäten sind für mich zudem auch vernachlässigbar, weil ich ohnehin oft auf Stativ fotografiere. Insofern warte ich weiter gespannt auf die Nachfolgerin der D700, die D800, die ebenfalls für die nächsten Wochen angekündigt ist.
Bildnachweis: © Nikon
Nachträge:
- Nikon hat nun auch die D800 vorgestellt und sorgt für jede Menge Überraschungen. Mehr dazu hier.
- Zwischenzeitlich hat auch Konkurrent Canon sein neues Premiummodell EOS-1D X vorgestellt. Die Kamera weist ebenso hohe Isoqualitäten auf und hebt damit zumindest dieses Alleinstellungsmerkmal der D4 im FX-Sektor wieder auf.