Das neue Bild des Monats passt zum Oktober. Denn für die Aufnahme bin ich wieder einmal so richtig nass geworden. Frühsommer 2011 auf der Azoreninsel São Miguel. Das fade Scheinwerferlicht meines klapprigen Mietwagens bahnt sich nur mühsam einen Weg durch die dichten Nebelschwaden. Es hat den ganzen Tag geregnet. Typisches Azorenwetter eben.
Auf dem abendlichen Rückweg in die Inselhauptstadt Ponta Delgada hatte ich deshalb überlegt, ob ich die rutschige Küstenstraße überhaupt noch einmal verlassen sollte. Das kleine Fischerdorf Mosteiros am Atlantik steht aber noch auf meiner Location-Wunschliste. Und es ist mein letzter Tag auf den Inseln. Der einzige Weg zum Meer führt wie häufig auf den Azoren über eine sich steil nach unten schlängelnde Serpentinenstraße. Aber bei dem Nebel, mit dieser Klapperkiste? Die fotografische Neugier siegt.
Als ich endlich unten ankomme, finde ich das kleine Fischerdörfchen still und einsam vor. Ich bin völlig alleine am Strand, da sich wegen des schlechten Wetters heute keine Badegäste hierher verirrt haben. Mosteiros ist bei den Einheimischen wegen der idyllischen Lage inmitten grünbemooster Steilklippen und der vulkanisch warmen Meerwasserpools beliebt. Mich hingegen interessieren eher die vorgelagerten Felseninseln als spannende Fotokulisse.
Das launische Wetter meint es zum Ende des grauen Tages auch noch gut mit mir. Na bitte, die Sonne gibt endlich wieder ein Lebenszeichen von sich. Sie steht schon tief und kraucht langsam unter dem dichten Wolkenteppich hervor. Das letzte Licht des Tages taucht die maritime Szenerie in ein intensives, geheimnisvolles Orange. Die Einsamkeit, der glühende Himmel und die bizarren Felsformationen regen meine Fantasie an. Und meine Motivation.
Vom Strand aus steige ich immer weiter über das schwarze Lavagestein, balanciere von Pool zu Pool. Ich bin auf der Suche nach einem geeigneten Standort, von dem aus ich die mysteriösen Felseninseln unverdeckt und mit einem spannenden Vordergrund ablichten kann. Immer wieder spritzt mir Gischt ins Gesicht und meine Schuhe sind sowieso schon durchnässt. Ich muss aufpassen, dass ich auf dem glatten und scharfkantigen Lavagestein nicht ausrutsche. Nach 20-minütiger Suche und einigen Kratzern mehr an den Beinen habe ich schließlich einen vielversprechenden Standort gefunden.
Jetzt aber schnell, bevor die märchenhafte Lichtstimmung wieder vorbei ist. Die tiefe Sonne streift gerade die beiden Felseninseln vor mir. Das Stativ baue ich mitten in einem der Pools auf und hoffe, dass es trotzdem hält. Um es noch etwas zu stabilisieren hänge ich meinen Rucksack unter die Mittelachse. Damit ich den dramatischen Zug der Wolken einfangen kann und das Wasser im davorliegenden Pool einen seidigen Look erhält, verwende ich einen starken Neutraldichte-Filter. Den harten Kontrast zwischen dem leuchtendem Himmel und dem schon im Schatten liegenden Vordergrund versuche ich mit einem zusätzlichen Verlaufsfilter abzumildern.
Durch die zwei miteinander kombinierten Filter und die geringe Brennweite vignettiert das Bild an den Rändern. Das nehme ich in Kauf. Ich wähle den Bildausschnitt entsprechend etwas größer, damit ich später die Ränder beschneiden kann. Für eine anständige Tiefenschärfe wähle ich eine kleine Blende. Nach einigen Versuchen mit nassgespritzten Filtern freue ich mich dann: Cá está!
Einstellungen: f/14, 12 Sekunden, ISO 100, ND 3.0-und ND-Grad-Filter
Das erste was mir beim anschauen des Bildes durch den Kopf schoß war „Gott, ist das schön“ !! Wie viel Vorbereitungszeit hat dieses Bild in Anspruch genommen ? Es ist wunderschön !!
Hallo Polis, vielen Dank für dein nettes Feedback! Wie schon im Artikel geschrieben bestand die Vorbereitung vor allem darin, einen optimalen Standpunkt vor Ort zu finden. Natürlich schaue ich aber bereits bei der Planung von Fototouren, welche Spots für meine Art der Fotografie reizvoll sein könnten. Google Maps und Google Earth sind dabei gute Helfer.
Wow, eine wirklich mystische Lichtstimmung. Wenn ich dieses Bild so sehe, würde ich am liebsten auch sofort dorthin fliegen.
Besten Dank Katja! Die Azoren kann ich dir als Reiseziel unbedingt empfehlen.