Der diesjährige November ist ziemlich grau in Deutschland. Als Bild des Monats habe ich deshalb ein sommerliches Motiv herausgesucht. Anfang 2012, wir befinden uns vor der Küste von Barbados. Unter uns soll sich ein altes Schiffswrack befinden. Ein optimaler Schnorchel- und Unterwasserfotospot also.
Etwas verkrampft klammere ich mich an das in der Sonne blinkende Unterwassergehäuse. Ein Acrylkoloss von respektablen 4 Kilogramm. Darin meine geliebte Nikon, um die ich ehrlich gesagt gerade etwas bange. Aber wie heißt es so schön: No risk, no fun. Und so stürzte ich mich wagemutig in die türkisen Fluten. Was für ein Schauspiel für die Fische.
Naturfotografie ist bekanntlich schon lange meine Leidenschaft. Unter Wasser hatte ich bis dato aber noch nie ernsthaft fotografiert. Da lag es nahe, den Karibik-Trip für einen Erstversuch zu nutzen. Im Vorfeld habe ich mir also ein zu meiner Kamera passendes Unterwassergehäuse des Marktführers Ikelite ausgeliehen. Das hat mich nicht nur einen Übergepäckzuschlag bei LIAT gekostet, sondern auch die ein oder andere Plauderei mit skeptischen Zollbeamten beschert.
Nun aber war das Technik-Wunder sicher an seinem Zielort angekommen. Die Inbetriebnahme an Bord war eine weitere Herausforderung. Unser Segelschiff schaukelte heftig in der karibischen Dünung. Hier ein Hebel, da eine Schraube, dort eine Schiene, viele Ringe und noch mehr Knöpfe. Die Gebrauchsanweisung des kalifornischen Herstellers war natürlich nur auf Englisch verfügbar. Nicht das ich das nicht verstehen könnte. Aber Termini wie „domeport“ und „diameter clamp“ haben bisher nicht zu meinem sprachlichen Repertoire gehört.
Wenigstens wußte ich aber, was ein „screw“ ist. Gut das ich ihn mit an Bord gebracht habe. Den Schraubenzieher habe ich oft gebraucht. Dank der technischen Raffinesse unseres Skippers, früher Schiffsingenieur bei der französischen Marine, haben wir es dann mit einiger Geduld schließlich hinbekommen: die Kamera samt Objektiv war endlich im Gehäuse verschwunden. Sogar alle Knöpfe ließen sich bedienen.
Nicht aber ohne zuvor festzustellen, dass mein Zoomobjektiv mitnichten in den Plastikkäfig passte. Ich musste also mit meiner 50mm-Festbrennweite vorlieb nehmen. Die schätze ich zwar sehr, setze sie aber eigentlich eher für Nahaufnahmen mit butterweichen Bokehs ein. Nun aber wollte ich mich der submarinen Fauna widmen. Und 50 Meter tauchen wollte ich eigentlich nicht. Kann ich außerdem auch nicht. Nun ja, dann müssen die Fische eben zu mir kommen.
Vor dem ersten Tauchgang haben wir die Optik noch mit einer Nahlinse ausgestattet. Wasser hat gegenüber Luft eine höhere Lichtbrechung. Das führt dazu, dass alle Objekte unter Wasser größer abgebildet werden und näher scheinen. Da der Autofokus eigentlich nicht für submarine Fotovergnügen gedacht ist, würde er ohne diesen Trick durcheinander kommen.
Zum Schluss haben wir dann noch etwas Silikon auf alle O-Ringe verteilt. Wir wussten ja jetzt, was das ist. Hoffentlich nicht zu wenig und auch nicht zu viel. Denn in beiden Fällen, so warnte der Hersteller, kann Wasser eintreten. Das wäre nicht nur das Todesurteil für meine Kamera, sondern auch für die Elektronik, welche im nicht gerade preisgünstigen Unterwassergehäuse verbaut ist. Na denn gut Luft!
Als ich dann endlich unter Wasser war und mich an den ungewohnten Ballast gewöhnt hatte, hatte ich richtig Spass. Und: die Kamera ist tatsächlich staubtrocken geblieben. So kann ich heute dieses zwar sicher nicht technisch perfekte, aber irgendwie doch charmante Foto präsentieren. Bei den posierlichen Riff-Tierchen handelt es sich übrigens um Gestreifte Sergeants und Karibische Ruderfische (Yellow Chubs).
Technische Details:
50mm, f/11, ISO 400, Verwendung von Nahlinse und Ikelite Housing, nachträgliche Vignette