Gran Canaria ist als klassisches Pauschalreiseziel bekannt, läuft aber als Fotodestination eher unter dem Radar der meisten Fotografen. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Kanaren-Insel aber als echter Foto-Geheimtipp mit vielfältigen und spektakulären Motiven. Ich habe den Selbstversuch gewagt und zugleich meinen ersten Fototrip mit Baby unternommen. Was ich dabei entdeckt habe und warum hier Erinnerungen an meine Jugend wach wurden, erfährst du in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
- Gran Canaria – mehr als ein Rentnerparadies
- Ein Wiedersehen nach vielen Jahren
- Erste Babyreise ins Ausland und die Geschichte wiederholt sich
- Wüsten-Feeling in Maspalomas
- Küstenvielfalt von steil und stürmisch bis zum seichten Traumstrand
- Versteckte Lagunen und ein Wasserfall mitten im Meer
- Urzeitliches Bergland und geheimnisvolle Felsmonolithen
- USA lässt grüßen – ein Slot-Canyon
- Neue Bilder in der Galerie Gran Canaria
Gran Canaria – mehr als ein Rentnerparadies
Gran Canaria ist den meisten von uns vor allem als Pauschalreiseziel bekannt und findet sich ganz oben in den Katalogen von TUI bis Neckermann. Jedes Jahr strömen Millionen Touristen in die Bettenburgen vor allem an der Süd- und Ostküste. Dort locken nach überschaubaren 4 bis 5 Flugstunden von Mitteleuropa aus lange Sandstrände, unzählige Restaurants und Strandbars, allerlei Touri-Attraktionen und oftmals deutsch sprechende Insulaner. Auch junge Leute aus aller Welt steuern die Insel gern an, um ausgiebig dem Partyleben vor allem in Playa del Inglés und Las Palmas zu frönen. Bekannt für ihr zu jeder Jahreszeit mildes Klima und die üppige tropische Vegetation, ist die Insel auch beliebt als Überwinterungsziel. Vor allem Pensionäre aus Deutschland lieben die Insel und wandern nicht selten dorthin aus. Das brachte Gran Canaria den zweifelhaften Ruf eines „Deutschen Rentnerparadieses“ ein.
Al El Dorado für Fotografen ist Gran Canaria hingegen eher weniger bekannt. Landschaftsfotografen lassen die Insel meist links liegen. Wer einmal vor Ort war und sich auf die Insel eingelassen hat, merkt schnell: völlig zu Unrecht. Die Kanareninsel bietet nämlich überraschend grandiose und abwechslungsreiche Landschaften. Und abseits des Trubels gibt es auch so einige Orte, an denen es ziemlich menschenleer und ruhig ist.
Ein Wiedersehen nach vielen Jahren
Zu Gran Canaria habe ich eine ganz besondere Beziehung. Die Insel war nämlich mein erstes Reiseziel im Ausland überhaupt, abgesehen von einem Schüleraustausch in Frankreich.
Ich hatte gerade mein Abitur in der Tasche, da fragte mich mein Schulfreund Hagen, ob ich nicht Lust hätte, seinen Vater für drei Wochen zu besuchen. Normalerweise nicht gerade das, was Jugendlichen als Sommerurlaub vorschwebt. Hier war es anders. Sein Vater war als Alt-Hippie nämlich ein ziemlich cooler Typ und hatte einen noch cooleren Job: er war seinerzeit Pfarrer auf Gran Canaria. Sein Arbeitsplatz war der bekannte Templo Ecuménico, der nicht nur für seine ausgefallene Architektur berühmt ist, sondern auch für seine besondere Lage. Kirche und Pfarrhaus liegen in Playa del Inglés. Und zwar direkt im Party-Epizentrum, umgeben von zig Clubs, inmitten tausenden feierwütigen jungen Leute und in Laufweite zu den weiten Stränden. Genügend Argumente für den ersten Auslandstrip nach Gran Canaria auch für uns 18-Jährige.
Ich erinnere mich noch heute gern und mit einiger Belustigung an diesen Urlaub. Gefeiert haben wir viel, um nicht zu sagen, täglich. Gesehen von der Insel haben wir eher ziemlich wenig, geschweige denn Fotos gemacht. Hagens Vater war zwar redlich bemüht, uns die Kanaren-Schönheit nahe zu bringen. Da wir aber fast jede Nacht zum Tag gemacht hatten, waren wir wohl viel zu müde, um die Kulisse gebührend zu würdigen und hatten auch ganz andere Prioritäten: welcher DJ legt nächste Nacht in welchem Club auf, wo gibt es die besten Cocktails, wann ist Happy-Hour und wo hängen die coolsten Leute ab?
Erste Babyreise ins Ausland und die Geschichte wiederholt sich
Heute, mehr als 20 Jahre später liegen die Interesse natürlich etwas anders. Doch die Geschichte wiederholt sich. Denn es sollte auch die erste Auslandsreise meines Sohns sein. Nur mit dem Unterschied, dass mein Kleiner bei seinem Jungfernflug gerade mal etwas über ein Jahr alt ist, während sein Papa damals bereits das Erwachsenenalter erreicht hatte. Nun war diese Parallele aber überhaupt nicht der Grund für unsere Reise nach Gran Canaria, sondern ist mir tatsächlich erst später aufgefallen.
Vielmehr hatte ich überlegt, wohin die erste Flugreise mit unserem Filius gehen könnte. Nachdem wir letztes Jahr in der Elternzeit schon ausgiebig den Baby-Klassiker Ostsee strapaziert hatten, sollte es dieses Mal etwas weiter weg gehen. Wir wollten irgendwohin, wo das Wetter im April einigermaßen schön und warm, aber auch nicht zu heiß ist. Die Infrastruktur sollte gut ausgebaut sein – Stichwort Windeln und Babynahrung – und idealerweise sollte man auch mit Deutsch oder Englisch gut zurechtkommen, für den Fall, dass irgendetwas mit unserem Kleinen sein sollte. Der Flug sollte nicht all zu lange dauern und idealerweise von meinem Heimat-Flughafen Leipzig-Halle starten. Schließlich wussten wir ja nicht, wie unser Kleiner den Flug annehmen würde (war übrigens gar kein Problem). Da bot sich Gran Canaria gerade zu an, zumal ich mich dunkel erinnerte, dass es dort auch landschaftlich ganz schön war. Denn insgeheim hoffte ich, dass ich trotz der ausgerufenen Maxime Familienurlaub doch das ein oder andere schöne Foto nach Hause mitnehmen könnte. Außerdem hatten wir in den letzten Jahren mehrfach die Kanaren besucht und waren von Teneriffa, Fuerteventura und La Gomera recht angetan. Das Reiseziel Gran Canaria stand somit fest.
Wüsten-Feeling in Maspalomas
Nach fünf Stunden Flug war es dann soweit: wir waren samt Kinderwagen, Kinderkraxe und Strandspielzeug (und Fotorucksack) angekommen und bezogen unser Apartment, direkt an den Dünen von Maspalomas.
Eine riesiges Vergnügen für meinen Kleinen, schließlich gibt es eine so riesige Sandkiste samt feuchten Plantschfreuden nirgendwo anders. Und auch Papa freute sich angesichts der imposanten Dünenlandschaft und hatte schon einige Motivideen im Kopf.
Die weitläufigen Dünen von Maspalomas erstrecken sich über eine Länge von sechs und eine Breite bis zu zwei Kilometern. Mit den bisweilen hohen Dünenbergen fühlt man sich direkt in eine Wüste hineinversetzt. Und der Vergleich liegt gar nicht so fern, schließlich ist die Westsahara Marokkos von hier nicht weit entfernt. Der feine Sand der Dünen besteht zwar hauptsächlich aus angeschwemmtem Korallen- und Muschelkalk aber auch aus Sahara-Sand, der mit dem Calima-Wind angeweht wird.
In den Dünen befindet sich sogar eine kleine Oase names „La Charca“ samt Lagune, in der zahlreiche Wasservögel brüten und sogar Kamele grasen, wobei letzteres wohl eher ein Touri-Nepp ist.
Keine Frage, die Wüstenlandschaft mit ihren hohen Sanddünen am Meer bieten unzählige Fotomöglichkeiten. Die Herausforderung dabei ist aber, Stellen zu finden, an denen nicht schon tausende Fussspuren der Touristen im Sand sind und das Motiv damit zunichte machen. Um solche Stellen zu finden, bedurfte es einiger Geduld und Zeit. Aber: ich habe sie gefunden und fotografiert.
Küstenvielfalt von steil und stürmisch bis zum seichten Traumstrand
Auf einer Insel, die von Wasser umgeben ist, erwarten uns Fotografen natürlich vor allem maritime Motive. Während die touristischen Sandstrände zwar zum Baden und Relaxen toll geeignet sind, geben sie fotografisch zumindest für mich eher wenig her. Ich machte mich also auf die Suche, nach spannenderen Motiven am Meer.
Zum Glück ist die Küste von Gran Canaria sehr abwechslungsreich und man findet viele menschenleere Strände, die im krassen Gegensatz zu den stark frequentierten Ferienorten stehen. Neben den hellen feinsandigen Stränden im Süden gibt es auch dramatische Steilküsten, vulkanische Steinstrände und imposante Felsen, die im Meer thronen. Nicht zu vergessen die malerischen Fischerdörfchen, die bisweilen auf einer Landzunge direkt ins Meer hineinragen und stets von hohen Wellen umtost werden.
Manchen Strand erreicht man auch nicht einfach mal so, sondern muss sich entweder mit seinem Mietwagen über abgelegene Holperpisten quälen, die kein Navi kennt (Achsbruchgefahr inbegriffen), wandern oder sich ein Boot mieten. Ein Beispiel ist der Strand von Gui Gui, den man nur vom Wasser aus oder mit einer mehrstündigen Wanderung erreicht. Da er mittlerweile ab trotz Abgeschiedenheit zu einem Instagram-Spot avanciert ist, habe ich diesen nicht besucht.
Versteckte Lagunen und ein Wasserfall mitten im Meer
Gran Canaria bietet auch zwei ganz besonders spannende und durchaus seltene Fotomotive am Meer.
Zum einen gibt es sogenannte Sinkholes. Hierbei handelt es sich Löcher mitten im Meer, in denen das Wasser einfach verschluckt wird und später wieder auftaucht. Ein pulsierendes Naturschauspiel, dem ich stundenlang zuschauen könnte. Oft bilden sich in ihrer Nähe auch Wassersäulen, die an Geysire erinnern. Um dieses Phänomen beobachten zu können, muss man Ebbe und Flut beachten. Nur bei richtigem Timing kann man Zeuge dieses Spektakels werden. Außerdem muss man höllisch aufpassen, nicht zu nah an den Rand der Löcher zu kommen oder von einer der gigantischen Wellen, welche die Löcher speisen mitgerissen zu werden. Das soll es schon böse Unfälle gegeben haben.
Zum anderen sind da die geheimnisvollen Grotten direkt an der Felsküste, die in ihrem felsigen Inneren türkise Lagunen beheimaten. Ein Spa der ganz besonderen Art, das man fast immer für sich allein hat und ein tolles Foto abgibt. Die Höhlen sind aber alles andere als einfach zu finden. Am besten man fragt vor Ort die Einheimischen oder besorgt sich GPS-Daten. Die Grotten können auch nur bei Ebbe erreicht werden. Bei hohem Wasserstand werden sie einfach vom Meer verschluckt. Daran sollte man auch denken, wenn man sie einmal gefunden hat und im smaragdenen Pool liegt. Wenn man sie zu spät verlässt, droht sehr schnell Lebensgefahr. Man sollte also immer den Wasserpegel im Auge behalten. Idealerweise betritt man die Grotten also gleich zu Beginn der Ebbe, ein Gezeitenplaner hilft hier sehr.
Urzeitliches Bergland und geheimnisvolle Felsmonolithen
Auch wenn die Küste bereits unzählige Fotomotive bietet, sollte man nicht verpassen, ins Inselinnere zu fahren. Über teils wahnwitzige Serpentinen schraubt man sich langsam in eine gänzlich andere Welt.
Bis auf über 1.800 Meter erhebt sich die archaische Bergwelt Gran Canarias, die Landschaft mutet nicht selten urzeitlich an. Jurassic Park lässt grüßen. Tiefe Canyons, die hier barrancos heißen, sorgen für spektakuläre Blicke. Immer wieder wird es farbenfroh, wenn die Bergketten in den surrealsten Tönen schimmern wie etwas bei den sogenannten Azulejos (Fliesen) und die kunterbunte subtropische Bergvegetation Fröhlichkeit in die oft mysteriöse Kulisse zaubert. Man entdeckt die Höhlenwohnungen der Guanches, der Ureinwohner. Gebirgsseen findet man hier ebenso wie Wasserfälle, sofern es nicht zu trocken ist. Besonders beeindruckend sind die bizarren Felsformationen, die bisweilen an den Südwesten der USA erinnern.
USA lässt grüßen – ein Slot-Canyon
A propos Vergleiche. Was man auf Gran Canaria wohl auch nicht erwarten würde, gibt es hier trotzdem, nämlich einen Slot Canyon. Nicht so groß, geschweige denn so bekannt wie Antelope Canyon in den USA, aber dennoch durchaus charmant. Mittlerweile ist das Naturschauspiel aber auch zu einem echten Instagram-Hotspot geworden, obwohl er nirgendwo offiziell ausgewiesen wird und es keinerlei Schilder gibt, die auf den Ort hinweisen würden.
Neue Bilder in der Galerie Gran Canaria
Als die zweiwöchigen Reise endete, war ich mir ziemlich sicher, dass ich hierher noch einmal zurückkehren würde. Tatsächlich überlege ich sogar, ob ich nächstes Jahr eine Fotoreise nach Gran Canaria organisieren werde (bei Interesse schreib mir bitte einfach eine E-Mail).
Die Insel bietet eine ziemliche Motivfülle und so hatte ich trotz Familienurlaub und eher unglücklichen Wetterbedingungen inklusive Calima-Dunst einige nette Bilder im Gepäck. Eine kleine Auswahl davon zeige ich in meiner neuen Galerie.