Die Landschaftsfotografie des Monats kommt dieses Mal aus Grönland. Im August diesen Jahres war ich auf der größten Insel der Welt für mehrere Wochen im Rahmen einer Expedition unterwegs. Gut 85% der riesigen Insel sind mit Eis bedeckt und viele Orte daher nur mit Boot und zu Fuß erreichbar. Ein wahres arktisches Abenteuer, das ich so schnell nicht vergessen werde. Wir hatten unsere auf den südlichsten Teil Grönlands rund um den Tasermiut-Fjord und seine vielen Seitenarme beschränkt, um genügend Zeit zu haben, die einmalige Kulisse auf einer Trekkingtour intensiv erleben und fotografieren zu können. Die Landschaft hier ist mit bis zu 2.000 Metern hohen, meist vergletscherten Bergen rauer und spektakulärer als im übrigen Südgrönland. Gleichzeitig – und dieser Kontrast macht es spannend für uns Landschaftsfotografen – gedeiht hier eine Pflanzenwelt, die für grönländische Verhältnisse regelrecht üppig ist. In manchen Tälern, zum Beispiel rund um Narsarsuaq, wachsen sogar kleinere Bäume, eine absolute Seltenheit im arktischen Grönland. Der Süden macht hier seinem Namen alle Ehre. Nicht umsonst siedelten hier erst die Inuit und später die Wikinger unter Erik dem Roten an. Letztere gaben der Insel dann schließlich auch ihren dänischen Namen, unter der sie heute noch bekannt ist: Grønland, was auf Deutsch nichts anderes als „grünes Land“ bedeutet.
Unser Team bestand aus amerikanischen und holländischen Landschaftsfotografen sowie meiner Wenigkeit. An einem sonnigen Polarsommerabend landeten wir mit unserem Zodiac, einem kleinen offenen Expeditionsschlauchboot, auf einer menschenleeren Insel, die einsam in den tiefen Fjorden Südgrönlands gelegen ist. Als wir die halbmondförmigen Bucht erreichten, fühlte ich mich spontan auf Stevensons Schatzinsel versetzt. Hätten wir nicht gewusst, dass wir in arktischen Gefilden unterwegs waren, wir hätten auch glauben können, auf einer tropischen Insel gestrandet zu sein.
Türkise Wellen plätschern friedlich auf einen hellen Sandstrand, der in saftig in saftig grüne Hügel eingerahmt war. Im Hinterland erhoben sich steile, eigentümlich dreieckige Bergspitzen. Die Szenerie erinnert mich spontan an die Pitons, die bekannten Vulkankegel auf der karibischen Insel St. Lucia, die ich vor einigen Jahren besucht hatte (siehe Karibik Bilder). Über uns knallblauer Himmel und auf uns blutdürstige Moskitoarmeen. Dazwischen exotisch anmutende Blumenpracht, ein Arrangement aus lila, pink und gelb. Fehlten eigentlich nur noch die Palmen und die Bacardi-Kulisse wäre perfekt. Die frostigen Temperaturen und die uns umgebenden Gletscher holen mich aber schnell in die polare Realität zurück.
Nachdem wir unser Basecamp aufgebaut hatten, versuchte Max Rive in der einbrechenden Dunkelheit mit den immerhin 5 auffindbaren Ästen und etwas Treibholz, ein Lagerfeuer zu entfachen. Lucas und Max Foster waren auf eine der steilen Bergflanken geklettert, von der aus sie mir fröhlich zuwinkten. Brian störte die himmliche Ruhe dann und wann mit einem Übungsschuss. Da wir gewarnt worden waren, dass in der Gegend derzeit Eisbären unterwegs waren, hatten sich die amerikanischen Kollegen vorsichtshalber ein Gewehr und Munition in Aapilatoq besorgt. Für mich war das erst etwas befremdlich, aber für die US-Amerikaner (und die Grönländer) völlig normal. Und ehrlich gesagt war ich doch auch etwas froh, das wir hier in der Einsamkeit nicht auf Gedeih und Verderb einem möglicherweise ziemlich hungrigen Eisbären ausgesetzt wären, würde er denn tatsächlich erscheinen.
Ich hatte es mir indessen bei den leuchtenden Tundraröschen an einem smaragfarbenen Fluss gemütlich gemacht. Von den Gletschern kommend rauschte er kraftvoll und tosend durch ein breites Tal spitzer Granitberge, um sich sich schließlich in weitverzweigten Mäandern in den Nordatlantik zu ergießen. Ich genoss die Stille und den Sonnenuntergang hinter den dreieckigen Bergspitzen. Pures Glücksgefühl. In diesem Moment fühlte ich mich demütig. Dankbar hier sein und diese atemberaubende Kulisse erleben zu dürfen.
Was ich noch nicht ahnte: „meine Schatzinsel“ war wie ein Omen für das, was mich in den nächsten Wochen noch erwarten würde. Nur einen Monat später, auf einer anderen Insel tausende Kilometer entfernt, fand ich doch tatsächlich einen Schatz. Auf Mallorca. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.
Ein Auswahl von Bildern dieser Tour findet Ihr hier: Grönland Landschaft