Der isländische Herbst 2012 verhieß doppeltes Glück. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, einmal die beeindruckenden Landschaften des isländischen Hochlands aus der Luft zu fotografieren. Einfacher gesagt als getan.
Offizielle Foto- und Filmflüge sind unglaublich teuer und kamen deshalb für mich nicht in Frage. Normale Touristenflüge sind wiederum zum Fotografieren denkbar ungeeignet. Weder kann die Route nach eigenen Vorstellungen gestaltet werden, noch ist das Öffnen der Fenster während des Fluges erlaubt. Genau das ist für hochqualitative Luftaufnahmen aber wichtig. Ein befreundeter Fotograf und Islandkenner hatte den Kontakt zu einem jungen Piloten hergestellt, der sowohl nach unserer Wunschroute und als auch mit offenen Fenstern zu fliegen bereit war.
Als der lange herbei gesehnte Tag des Fluges nahte, befürchtete ich, dass dieser sprichwörtlich ins Wasser fallen würde. Es hatte tagelang unablässig geregnet. Doch am Morgen des Flugtages zeigte sich das isländische Wetter einsichtig und gab sich überaus freundlich.
Gegen Mittag waren wir mit unserer winzigen Propellermaschine dann endlich in der Luft. Da wir die Fenster auf beiden Seiten geöffnet hatten, war es trotz der Enge, mehreren Jacken, Wollmütze und Handschuhen eisig kalt. Das nahm ich jedoch kaum wahr. Zu fasziniert war ich von den isländischen Landschaften und Naturräumen, die aus der Vogelperspektive noch unwirklicher und pathetischer aussahen, als sie sich ohnehin am Boden präsentieren.
Unter anderem hatten wir die Flugroute über das Naturreservat Fjallabak geplant. Dessen vulkanische Landschaft hatte uns schon vor einigen Tagen in seinen Bann gezogen. Das Bild entstand im Nordwesten dieser archaisch anmutenden Hochlandregion. Die einzigartige Naturkulisse raubte mir den Atem und wähnte mich in den Urzeiten unserer Erde.
Eine tiefe Bruchspalte, Zeugnis der bis heute währenden tektonischen Aktivität auf Island, durchzog den dunklen vulkanischen Boden. Direkt an der Kante rauschten zwei unbekannte, namenlose Wasserfälle in die Tiefe. Dahinter erhoben sich schroffe Berge, die durch die dort wachsenden, fluoreszierenden Moose in einem leuchtenden Grün erstrahlten. Am Horizont stieg eine vulkanische Rauchsäule in den Herbsthimmel. Vereinzelte Sonnenstrahlen bahnten sich immer wieder einen Weg durch die tiefhängenden Wolken und malten dramatische Licht- und Schattenmuster auf die Szenerie. Als dann die Sonne plötzlich wie ein riesengroßer Scheinwerfer den größeren der beiden Fälle illuminierte, war das Fotografenglück perfekt.
Aufnahmedetails: Nikon D800, 72 mm, 1/800 Sekunden, f/11