Das Fernweh ist eine der stärksten Triebkräfte für mein fotografisches Wirken. Seit Jahren reise ich auf der Suche nach aufregenden Motiven immer wieder um den halben Planeten . Dabei habe ich meine eigene Heimat etwas aus dem Auge verloren. Doch das soll sich jetzt ändern.
Vielleicht ist meine Sehnsucht nach der weiten Welt darauf zurückzuführen, dass ich in meiner Kindheit und Jugendso wenig von ihr kennen lernte? Aufgewachsen in der DDR wurden die Familienurlaube immer auf dem Darß oder auf Usedom verbracht. Mein kosmopolitischer Horizont reichte sozusagen von Harz bis Ostsee. Als Student verschlug es mich dann dank eines Stipendiums für mehrere Monate in die USA. Das Fernweh war entfacht. Lange Zeit habe ich dann meine Heimat Mitteldeutschland vor allem fotografisch links liegen lassen. Zu unspektakulär, zu gewöhnlich, so meinte ich.
Dabei hat es durchaus seine Vorteile, in heimischen Gefilden zu fotografieren. Der zeitliche und logistische Aufwand ist überschaubar, Fotospots sind vergleichsweise schnell erreicht. Macht das Wetter einen Strich durch die Rechnung kommt man eben einen Tag später wieder. Oder nächste Woche. Auf Fernreisen, bei denen ich die Routen fast minutiös durchplane und in kurzer Zeit große Distanzen zurücklege, geht das natürlich nicht. Für ein Fotografieren in der Heimat spricht auch, dass man „sein Revier“ einfach viel intensiver und im Gewand verschiedener Jahreszeiten kennen lernen kann.
Nun ist der Harz natürlich nicht Patagonien und der Brocken kann schwerlich mit dem Cerro Torre konkurrieren. Das Saaletal ist ebenso wenig das Amazonas-Delta wie die Goitzsche von schneebedeckten Gipfeln umgeben ist. Alles ist reduziert, schreit nicht nach Sensation. Die heimische Natur gibt sich lieblich und übt sich in Zurückhaltung. Allerorten sind die Spuren der Zivilasation und Industrialisierung deutlich auszumachen. Was auf den ersten Blick gerade für die Landschaftsfotografie ein Nachteil ist, kann aber auch als Vorteil begriffen werden. Schließlich stellt das Fotografieren in der Heimat nämlich eine sehr viel größere fotografische Herausforderung dar, als wenn die Natur das schöpferische Füllhorn verschwenderisch vor einem ausschüttet. In meiner Heimat ist es deutlich anspruchsvoller, dramatische Motive herauszuarbeiten. Man muss die Augen schon sehr viel offener halten und fotografische Techniken stärker ausreizen, um eindrucksvolle Landschaftsbilder zu erstellen.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe mir selbst den Vorsatz gestellt, zukünftig sehr viel mehr in meiner Heimat Mitteldeutschland und speziell in Sachsen-Anhalt zu fotografieren. Und so bin ich kürzlich losgelaufen. Seitdem, ich muss es gestehen, bin immer wieder überrascht worden.
Beginnen möchte ich die Heimat-Serie mit einem Foto, dass ich kürzlich an der sagenumwobenen Teufelsmauer nahe Thale aufgenommen habe. Die geheimnisvolle Sandsteinsformation erstreckt sich von Ballenstedt im Vorharz über fast 35 Kilometer bis nach Blankenburg. Mythologisch verdanken wie das steinerne Naturspektakel einem Wutausbruch des Teufels.
Nach der Volkssage stritten sich einst der Teufel und Gott um den Besitz des Harzes. Gott versprach dem Teufel das Harzgebirge, wenn er es schaffe, bis zum ersten Hahnenschrei am Morgen eine Grenzmauer zu erbauen. Am Harzrand fing er an, die Mauer zu bauen. Im Morgengrauen fehlte nur noch ein einziger Stein. Nun trug es sich zu, dass eine Frau mit einem Korb und einem Hahn darin, früh am Morgen zum Markt wollte, um den Hahn zu verkaufen. Als sie in der Dämmerung über einen Stein stolperte, fing der aufgeschreckte Hahn aus voller Kraft an zu krähen. Voller Wut über die umsonst getane Arbeit zerschlug der Teufel mit dem letzten Stein in der Hand die Mauer, die bis heute an diese Begebenheit erinnert.
Obwohl ich Sachsen-Anhaltiner bin, muss ich zugeben, dass ich die Teufelsmauer das letze Mal vor vielen Jahren besucht habe. Umso überraschter war ich von der bizarren Szenerie, die ich in Timmenrode vorfand. Mit einiger Begeisterung wanderte ich durch die Felslandschaften des Naturschutzgebietes. Schließlich ging die Sonne unter, tauchte zuerst die Felsklippen, dann die Wolken und die Baumgipfel in ein glühendes Abendlicht. Der volle Mond ging im Zwielicht hinter den sanften Hügel auf. Ich fühlte mich direkt in Gemälde Caspar David Friedrichs hineinversetzt. Dessen romantische, pathetische Bildsprache fasziniert mich seit jeher und hat sicherlich auch meinen eigenen Stil durchaus beeinflusst.
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